VENI, VIDI, ABII - Dieser Sinnspruch, angelehnt an das berühmte Cäsar-Zitat, hat für uns Abiturienten eine sehr vielschichtige Bedeutung. Unsere Asterix-Bühnenshow am letzten Schultag brauchte einen Titel, und was lag näher, als - an einem ehemals altsprachlichen Gymnasium - einen lateinischen zu wählen, der noch dazu an ein klassisches Zitat angelehnt ist.
Doch die Bedeutung geht noch weit darüber hinaus: Ich kam, sah und ging fort. Dies ist ein Schicksal, das jedem zwangsläufig widerfahren muß, wenn er unsere Schule zu Gesicht bekommt und kennenlernt, sei es aus System bedingten Gründen oder als Schockreaktion.
Warum wir trotzdem hier waren, werden Sie fragen - zu recht.
Wir kamen. Ambitioniert, arglos, ahnungslos, aufnahmebereit, jung, leistungsfähig und unbelastet. Unsere Eltern hatten uns geschickt.
Wir sahen. Friss, Vogel, oder stirb. Leistung mussten wir in hohem Maße erbringen - zumindest in den Fächern, in denen die alters- oder umgebungsbedingte Resignation des Lehrers seine Hypophyse noch nicht vollkommen verstopft hatte. Oft war es nur notwendige Leistung, die ein veralteter Lehrplan verlangte, oft waren es Methoden, die einem staatlichen Gymnasium Ehre gemacht hätten (bei einigen Lehrern aufgrund ihres Alters sogar noch gemacht haben).
Wir hatten spätestens nach ein bis zwei Jahren ein Persönlichkeitsprofil der meisten Lehrer ermittelt und festgestellt: Genie und Wahnsinn liegen gerade im Heine dicht beieinander.
Wir gingen fort. Die Zeit verging eigentlich viel zu schnell, am Ende kam für viele der Sprung ins kalte Wasser. Im Rückblick neigt man dazu, diese Zeit zu verklären oder großzügig schlechte Seiten um der guten willen außer acht zu lassen. Im Nachhinein betrachtet, habe ich vieles zu tun versäumt oder trotz aller anders lautenden Aussagen zu wenig den Mund aufgemacht.
Sah ich ein Risiko, später Nachteile davontragen zu müssen oder sah ich ein, dass sich sowieso nichts ändern würde, was ich auch sagen würde? Diese Nachteile drohen nun nicht mehr, aber nach mir kommt auch nicht die Sintflut.
Es tut mir sehr leid, es dieser Schule sagen zu müssen, die mir sehr viel bedeutet, von der mir sehr viele Lehrer um ihres persönlichen Engagements oder ihrer Fähigkeiten willen wohl immer im Gedächtnis bleiben werden.
Zugegeben: Eine subjektive Auswahl.
Ehre in höchstem Maße gebührt zum Beispiel Herrn Steffen, der sich durch Schikanen von Schulleiter oder Elternvertretern nicht abhalten ließ, wunderbare kulturelle Veranstaltungen wie den "Irischen Abend" durchzuführen. Sein Engagement, Schüler im Bereich der Europa-Politik weiterzubilden, wurde ihm bisher ausschließlich von ihnen selbst gedankt. Er erhielt weder Rückendeckung des Schulleiters, z. B. durch adäquate Öffentlichkeitsarbeit, weder finanzielle Unterstützung bei den Seminargebühren, noch übernahm irgendjemand zumindest einen Teil der immensen organisatorischen Arbeit.
Herrn Grabow wurde die undankbare Aufgabe übertragen, die Berufswahlorientierung der Oberstufe durchzuführen. Oft sahen wir ihn abgekämpft, da er die Nächte nicht nur mit Leistungskursklausuren, sondern auch mit Schreiben von Unternehmen mit Praktikumsplätzen verbracht hatte. Darunter litt nicht zuletzt auch seine Gesundheit. Das Geld für Kaffee und Kuchen, den er den Eltern ausgab, die ihren Beruf an einem Tag der Orientierung vorstellten, musste er aus seiner eigenen Tasche bezahlen, da es die Schulleitung trotz mehrfacher Anfrage nicht für nötig befunden hatte, irgendeinen Etat damit zu belasten. Auch wenn wir Abiturienten leider nicht mehr in den Genuss dieser neuen Institution Berufswahl gekommen sind, erkennen wir Herrn Grabows Einsatz an, da wir mit dessen Auswirkungen unmittelbar konfrontiert waren.
Großen Einsatz zeigten auch die Musiklehrer, allen voran Herr Dymke. Ihm oblag, früher größtenteils ehrenamtlich, die Leitung der beiden Chöre. Auch Auftritte und Musikabende forderten viel Vorbereitung und Enregie. Wenigstens zeigte dieser Einsatz neben den merklichen Fortschritten des Großen Chores insofern einen vorzeigbaren Erfolg, als beim letzten Musikabend sich sogar der Schulleiter zum ersten Mal durch sein Erscheinen die Ehre gab.
Hier einreihen könnte ich noch Herrn Woitecki und die Schulzeitung, die Sportlehrer und ihre Sportfeste und überregionalen Erfolge, Herrn Bittroff, der für junge Menschen erfolgreich einer toten Sprache Odem einhauchte, Herrn Fricke und die Schach-AG, Herrn Schulte und den Computerraum, Frau Tobergte und den AK Gemeinschaft, Herrn Luft und Herrn Wüsthoff und den USA-Club, und, und, und..., möchte aber den Umfang dieses Beitrages nicht sprengen; alle Sie müssen das nicht tun, was Sie tun. Durch Ihren freiwilligen Einsatz leisten Sie trotz gegenteiliger Bemühungen anderer einen unabdingbaren Beitrag zum Ansehen unserer Schule, und wir können nicht mehr tun, als Ihnen dafür in höchstem Maße zu danken.
Dem mittlerweile pensionierten Kunstlehrer Herrn Hermann möchte ich an dieser Stelle noch einen besonderen Platz einräumen. Seine mehr als dreißigjährige Arbeit an unserer Schule und seine unzähligen außerschulischen Bemühungen für und mit Schülern fanden in seltensten Fällen Dankbarkeit oder Ehrung durch die Schulleitung, eher war das Gegenteil der Fall. Durch seine Persönlichkeit und seine Präsentation in der Öffentlichkeit, so hieß es in einem vertraulichen Gespräch mit dem Schulleiter, werfe Herr Hermann in der Öffentlichkeit ein negatives Licht auf unsere Schule und schade ihr so. Einer Sache können Sie, Herr Hermann, sich sicher sein: Wir teilen diese Ansicht nicht. Sie haben unsere Rückendeckung, denn wir wissen und stehen bewundernd vor dem, was Sie geleistet haben.
Der Worte sind genug gewechselt,
Lasst mich auch endlich Taten sehn!
Indes ihr Komplimente drechselt,
Kann etwas Nützliches geschehn.
Nun gut, nehmen wir unseren Hut, lassen wir das Vergangene vergangen sein, stürzen wir uns mit Elan in die uns fordernde Realität. Ein wichtiger Teil unseres Lebens liegt hinter uns, aber ein wichtigerer liegt vor uns. (nv)
PS:
Ich war sehr überrascht, als ich hörte, dass Sie, Herr Grobe, unsere Abifete in der Aula genehmigen würden. Herzlichen Dank.